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Der Weg zur Himmelsleiter
 
Von den Vorfahren ist bekannt, dass sie regelmäßig an Wallfahrten nach Maria-Ehrenberg teilgenommen haben. Da wird erzählt, dass am 14. August mittags die letzte Fuhre eingefahren war und man sich am Nachmittag auf den Weg "hinner" Maria-Ehrenberg gemacht hat. Jede Ortschaft hatte da ihren eigenen Wallfahrtsweg. Ob am Arnsberg dem "Honig" entlang nach Reußendorf und dann weiter im Tal der Kleinen Sinn oder ob über den Höhenweg in Oberweißenbrunn beginnend, immer ging es in Richtung Westen durch das Gebiet des heutigen Truppenübungsplatzes Wildflecken.
 
Zirka vier Stunden brauchte man, bis die kleine Quelle am Ehrenberg, der Marienborn, erreicht war und man sich dort erfrischen konnte, ehe die letzte Hürde, die Stufen zur Wallfahrtskirche in Angriff genommen wurde. Auf jeder der 254 Stufen zur Mutter der Barmherzigkeit, der sogenannten Himmelsleiter, wurde ein Ave Maria gebetet, dabei die Muttergottesstatuen berührt und man war eingebettet in die Gemeinschaft der zahlreichen Wallfahrer von überall her. Den Abend und die Nacht hat man betend und singend in der Wallfahrtskirche oder im Freien verbracht und am nächsten Tag ist man wieder heimgewallt. Ab 1937 war dieses Gebiet nicht mehr für Jedermann zugänglich, der Wallfahrtsort mitten im Truppenübungsplatz Wildflecken sollte sogar zerstört werden. Wallfahren durch dieses Gebiet war später unter der Herrschaft der Amerikaner nur beschwerlich möglich.
 

Nachdem die Amerikaner den Truppenübungsplatz verlassen haben führt die Pfarrei St. Peter und Paul in Wegfurt seit 1994 wieder regelmäßig am 14. August die Wallfahrt nach Maria-Ehrenberg durch. Die guten Beziehungen von Wallfahrtsführer Albert Zirkelbach mit der Verwaltung des Truppenübungsplatzes machen es möglich, dass das Gelände durchquert werden kann.

 

Die Wallfahrer ziehen zunächst ab Wegfurt der Brend entlang über Unterweißenbrunn, Bischofsheim, Frankenheim nach Oberweißenbrunn.13 Kilometer sind sie bis dahin gelaufen und halten am Gasthaus Mühlengrund die wohlverdiente Rast. Um 14 Uhr beginnt an der Kapelle in Oberweißenbrunn, nahe am Eingang zum Truppenübungsplatz, der zweite Teil der Wallfahrt. Zirka 100 Pilger sind es inzwischen geworden, denn diese Wallfahrt zieht Menschen aus vielen Rhöner Ortschaften an. Die Wallfahrer werden jetzt von zwei Angehörigen der Bundeswehr auf dem 14 Kilometer langen Weg begleitet. Sie weisen auch auf die Gefahren durch herumliegende Blindgänger hin und appellieren an die Wallfahrer, die Wege nicht zu verlassen. Jeder Teilnehmer erklärt mit seiner Unterschrift, dass er über die Gefahren aufgeklärt wurde.

 
Der Aufstieg zum 857 Meter hohen Schachen verlangt von den Pilgern eine gute Kondition, doch der Rundblick auf die reizvolle Rhön-Landschaft, der sonst nicht möglich ist, belohnt die Mühen. Weiter geht es auf hartgeschottertem Weg, der ursprünglich für Militärfahrzeuge angelegt wurde, zu Zornberg und Eierhauk. Eine Landschaft mit beinahe alpinem Charakter lässt sich unterwegs bestaunen, die Wallfahrt wird zu einem ganzheitlichem Erlebnis: Zum körperlichen Dauereinsatz kommt das gläubige Beten und Singen und das Staunen über die, trotz vorhandener Blindgänger, fast unberührte Natur. Alte Apfelbäume und stellenweise rollierte Wege weisen auf ehemalige Dorfstellen hin, denn 2500 Menschen sind hier vor dem Bau des Truppenübungsplatzes abgesiedelt worden.
 

Wenn dann die sich lang hinziehende Strecke am Dammersfeld entlang geschafft ist, geht es auf steinigem Weg immer bergabwärts zur Schutzhütte vor dem Ehrenberg. Von hier ist der restliche Weg bis zur kleinen Quelle am Ehrenberg nur noch ein "Katzensprung". Dort erfrischen sich die Wallfahrer, manche füllen mitgebrachte Flaschen mit dem Wasser, dem heilsame Wirkung nachgesagt wird.

 
Zusammen mit anderen Wallfahrern steigen die Pilger singend und betend die Stufen zur Wallfahrtskirche hoch. Wem dieser letzte Aufstieg zu beschwerlich ist, kann den Pendelverkehr der Feuerwehr Kothen in Anspruch nehmen, der an diesem Tag vor allem ältere Menschen zur Bergkuppe bringt. Oben angekommen, ist man erst einmal erschöpft und auch froh, den weiten Weg geschafft zu haben. Man kann sich jetzt erholen und den Sonnenuntergang über der Himmelsleiter bestaunen.Nach der feierlichen Lichterprozession und dem Festgottesdienst bringt ein Bus die müden Wallfahrer wieder in ihre Heimatorte.
 
 
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